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Forschung im Dienst von Menschen und Tieren

Die akademischen Forschungsinstitutionen freuen sich über das eindeutige Bekenntnis zu der verantwortungsvollen Forschung mit Tieren und Menschen. Die Debatte um die Initiative förderte die Auseinandersetzung um die Bedeutung der Forschung, das Verständnis für die Methoden und Prozesse, die zu neuen Erkenntnissen führen und unter anderem die medizinische Versorgung von Menschen und Tieren verbessern. Die Sorge um das Tierwohl teilen die Forschenden: Sie arbeiten intensiv an der Entwicklung der 3R-Prinzipen (Reduce, Refine, Replace) und respektieren die hohen ethischen und rechtlich Standards für die Forschung in der Schweiz.

Vertreterinnen und Vertreter von swissuniversities, ETH-Rat, Universitäre Medizin Schweiz unimedsuisse, Swiss 3R Competence Center, Junge Akademie Schweiz, SNF, Swissfaculty und Akademien Schweiz informierten am 13. 1. 2022 im Rahmen eines Points de Presse über die Bedeutung der Forschung mit Tieren und Menschen. Die Institutionen der akademischen öffentlichen Forschung und die Universitätsspitäler warnen vor den Konsequenzen einer Annahme der eidgenössischen Volksinitiative Initiative für ein Verbot von Tier- und Menschenversuchen. Sie gefährdet Fortschritt, Innovation und Bildung in den Life Sciences und Biotechnologien in der Schweiz. Eine Annahme der Initiative würde de facto zu einem Medizin- und Forschungsverbot führen, und würde insbesondere die biomedizinische Forschung und neue medizinische Behandlungsmethoden behindern. Auf dem Spiel steht die hohe Qualität der Gesundheitsversorgung und die verantwortungsvolle Forschung in der Schweiz zu Gunsten der Bevölkerung und der Umwelt.

Video Point de Presse

Michael O. Hengartner, Präsident des ETH-Rats:  

«Ohne Tierversuche und klinische Studien gibt es keine neuen Medikamente. Auf diese zu verzichten wäre ein riesiges Eigengoal und schädlich für uns und unsere Kinder. Auch im ETH-Bereich werden Tierversuche durchgeführt. Und es wird intensiv an Alternativen geforscht. Nicht alle Tierversuche können ersetzt werden, diese bleiben daher notwendig. Das hat auch die Forschung an Impfstoffen gegen COVID-19 gezeigt.»

Yves Flückiger, Präsident swissuniversities:  

«Die Initiative will nicht nur das Verbot jeglicher Forschung mit Tieren und Menschen, sie erachtet diese Forschung zudem als potenziell strafbar. Die Forscherinnen und Forscher in der Schweiz arbeiten jedoch nach den höchsten ethischen und beruflichen Anforderungen. Die Schweiz verfügt über eine der strengsten Tierversuchsgesetze der Welt. Mit der Annahme der Initiative wäre die Schweiz das einzige Land mit einem solchen Verbot auf internationaler Ebene. Die Schweiz wäre isoliert und Forschungsprojekte würden in Länder verlagert, deren Politik und Gesetzgebung in Bezug auf Tierschutz und verantwortungsvolle Forschung weniger streng sind als die der Schweiz.»

Bertrand Levrat, Präsident Verband Universitäre Medizin Schweiz (unimedsuisse): 

«Das in der Initiative vorgesehene umfassende Behandlungs- und Forschungsverbot würde ethisch fragwürdige Situationen schaffen, weil der Zugang von Patientinnen und Patienten zu neuen Therapien und damit ihr Recht auf eine gute Gesundheitsversorgung und Teilhabe am medizinischen Fortschritt beeinträchtigt würde. Das Importverbot für Medikamente, die im Ausland mit Tierversuchen entwickelt wurden, würde bedeuten, dass die Spitäler ihre Patienten nicht mehr mit neuen, wirksamen Therapien behandeln können. Eine qualitativ hochstehende Gesundheitsversorgung auf dem neusten Stand des Wissens wäre nicht mehr möglich.»

Jenny Sandström, Executive Director - Swiss 3R Competence Centre :  

«Die Anwendung der 3R stellt einen wichtigen Teil einer verantwortungsvollen Forschung dar. Unsere Aufgabe ist es, deren praktische Umsetzung in Tierversuchen zu stärken. Dafür legt das 3RCC Standards für eine gute 3R-Praxis fest und arbeitet eng mit der Forschungsgemeinschaft zusammen, um diese praktisch umzusetzen. Das 3R-Prinzip hätte durch eine Annahme der Initiative als solches in der Schweiz keine Bedeutung mehr.»

Elisa Araldi, Junge Akademie Schweiz: 

«Junge Forschende wie ich hätten in der Schweiz ohne Tier- und Menschenversuche keine Zukunft. Ein Beispiel: Wir haben an der ETH herausgefunden, dass bei Menschen mit einer bestimmten genetischen Mutation, gewisse Diabetes-Medikamente nicht funktionierenEntdeckungen, die sich aus der kombinierten Nutzung von Humandaten und Tierversuchen ergeben, dienen der Entwicklung von neuen personalisierten Behandlungsmethoden.»

Matthias Egger, Präsident des Nationalen Forschungsrats des SNF: 

«Durch ein totales Verbot von Tierversuchen und Forschung am Menschen würde die Schweiz den Anschluss an die internationale Forschung verlieren. Die Initiative würde Fortschritte in der Behandlung von Patientinnen und Patienten verhindern. Durch seine hohen Qualitätsansprüche an Forschungsprojekte handelt der SNF im Sinne der 3R-Prinzipen für den humanen Umgang mit Tieren. In diesem Sinne hat der SNF im Mai 2021 im Auftrag des Bundesrates das Nationale Forschungsprogramm «Advancing 3R – Tiere, Forschung und Gesellschaft» ausgeschrieben. Es soll dem Spannungsfeld um das Tierwohl Rechnung tragen und die Forschung in der Biomedizin weiter verbessern.»

Hubert Steinke, Swissfaculty: 

«Wer sich entscheidet, diese Initiative anzunehmen, entscheidet, dass wir einen grossen Teil unserer heutigen Forschung aufgeben und uns in Zukunft mit einer zweit- oder drittklassigen Therapie zufrieden geben. Wer findet, dass wir weiterhin wie seit 150 Jahren, erfolgsversprechende Medikamente, Impfungen, Therapien entwickeln und anwenden sollen, der sollte diese Initiative ablehnen.»

Marcel Tanner, Präsident Akademien der Wissenschaften Schweiz:  

«Moral, Ethik und Schutzprinzipien – nicht Verbote – bilden die Basis für eine erfolgreiche Wissenschaft im Dienst von Menschen und Tier. Tierversuche sind nach wie vor unerlässlich und in vielen Fällen gesetzlich vorgeschrieben, um Patientinnen und Patienten sichere Arzneimittel zur Verfügung zu stellen und neue Therapien gegen schwere und noch unheilbare Krankheiten wie AIDS, Alzheimer, Krebs oder psychische Erkrankungen zu entwickeln.»

Marc Reynaud-de la Jara, Liaison Officer VSS und Kate Gurevich, Präsidentin swimsa - Swiss Medical Students' Association:

«Viele Aspekte der medizinischen Lehre würden infrage gestellt werden. Anatomische Sezierkurse oder wissenschaftliche Arbeiten wie die Masterarbeit könnten nicht mehr durchgeführt werden. Wir fürchten ein Brain Drain von Professor:innen und fühlen uns stark betroffen von einem Verbot neuer Medikamenten, was im Verlauf unserer Karriere einen zunehmenden Rückstand im internationalen Vergleich bedeuten würde.»

Die wesentlichen Argumente

Medizinverbot

Die Initiative würde verhindern, dass Menschen und Tiere in der Schweiz von künftigen medizinischen Fortschritten profitieren können. Diagnostische Methoden und Therapien wären damit verboten, welche Leiden lindern und Leben von Menschen und Tieren retten können. Im Falle des Sars-CoV-2 («Coronavirus») zum Beispiel konnte und kann kein Impfstoff für den Menschen freigegeben werden, ohne zuvor zuverlässig an Tieren und in klinischen Studien getestet worden zu sein. Die Initiative beinhaltet ein Importverbot für Produkte, die im Ausland mit Tierversuchen erforscht werden.  So hätte die Schweizer Bevölkerung keinen Zugang mehr zu neuen Behandlungsmethoden, die nach internationalen Standards entwickelt werden.

Forschungsverbot

Forschung mit Tieren und klinische Studien mit Menschen sind eine Voraussetzung für Fortschritt und Innovation in zahlreichen Bereichen: Die Resultate kommen insbesondere der Human- und Veterinärmedizin, der Umwelt, der Landwirtschaft sowie der Grundlagen- und Verhaltensforschung zugute. Die Annahme der Initiative würde Forschung auch für Fachbereiche der Humanwissenschaften wie beispielsweise Studien in der Psychologie oder Pädagogik verunmöglichen.

3R-Prinzip: Replace, Reduce, Refine

Bei Tierversuchen sind Forschende verpflichtet, das 3R-Prinzip (Replace, Reduce, Refine) anzuwenden. Dieser Grundsatz verlangt, dass Tierversuche nur dann bewilligt werden, wenn keine Alternativmethode existiert, die Anzahl Tiere im Versuch auf das notwendige Minimum beschränkt wird und die Versuchsmethoden und Haltungsbedingungen möglichst wenig belastend sind. Der Einsatz von Tiermodellen ist nach wie vor notwendig für die Erforschung schwerer Krankheiten und die Entwicklung neuer medizinischer Behandlungen und Verfahren, die Leben retten und Leiden mindern.

Verantwortungsvolle Forschung

Die Tierversuchsgesetzgebung der Schweiz gehört zu den strengsten der Welt. Die heutigen gesetzlichen Grundlagen gewährleisten eine ethisch vertretbare Forschung (siehe auch die swissuniversities Grundsätze zur tierexperimentellen Forschung). Was die medizinische Forschung am Menschen betrifft, soll das Bundesgesetz über die Forschung am Menschen (HFG) die «Würde, Persönlichkeit und Gesundheit des Menschen in der Forschung schützen». Es gewährleistet insbesondere, dass die Interessen des Menschen gegenüber den Interessen der Wissenschaft und der Gesellschaft in der klinischen Forschung Vorrang haben. Die Helsinki-Deklaration wurde auch von der Schweiz unterzeichnet.

Weiterführende Informationen